Wie es zu diesem Blog kam

Zwei Dinge fielen im letzten Jahr bei mir zusammen, aus denen dieser Blog letztlich entstanden ist:

Erstens brachte mir die Elternzeit mit meinem dritten Kind die Zeit und den Abstand, meine Arbeit als Lehrerin der letzten Jahre zu reflektieren und zu hinterfragen. Zweitens mussten wir uns auf die Suche machen nach dem richtigen Zeitpunkt und dem richtigen Lernort für unser ältestes Kind, das diesen Sommer eingeschult wird. Durch eine körperliche Behinderung und einige größere und kleinere weitere Besonderheiten wurde dies ein längerer Prozess, der uns mal wieder – wie das oft so ist mit besonderen Kindern – an vielen wichtigen Fragen vorbeiführte.

Ein “besonderes Kind” bringt zentrale Fragen auf den Plan

Was ist eigentliche Aufgabe von Schule? Was ist das Ziel von Schule? Gerade mit einem Kind, dessen Lebenserwartung weitaus unklarer ist als bei ohnehin jeder*jedem anderen von uns: Inwiefern ist ein Wohlfühlen und Glücklichsein in der Schulzeit nochmal in anderer Weise ein extrem hohes Gut, wenn diese Schulzeit vielleicht gar nicht oder nicht lange überlebt wird? Muss man dann den Fokus, dass die Schulzeit zu bestimmten Ergebnissen führen sollte, mal hintanstellen? Und gilt das nicht eigentlich wiederum für alle Kinder?

Eine zentrale Erkenntnis für mich war irgendwann auch, dass ich die Perspektive ändern muss: Was bedeutet eigentlich ein glückliches Leben? Da kann ich ja nicht einfach von mir selbst ausgehen – bisher hatte ich das aber immer getan… Für mich war und ist Zufriedenheit fast immer geknüpft an ein “mich-verhalten-Können”, “mich-differenziert-äußern-und-dadurch-mitgestalten-Können”, “gesund-sein”, auch – um ehrlich zu sein – daran, Erfolg zu haben: Bestimmte Dinge zu schaffen, damit etwas in der Hand und Gestaltungsspielraum zu haben. Ist das alles aber vielleicht ganz anders für einen Menschen, der die Voraussetzungen womöglich gar nicht hat, diese gesellschaftlich anerkannten Ziele (z.B. Schulabschluss, Beruf…) zu erreichen? Der durch immer wieder lange Krankheitsphasen vielleicht einen ganz anderen Blick auf das Leben hat und haben wird und ein anderes Bild davon, was dieses Leben lebenswert macht?

Wie wäre es, wenn wir, die Gesellschaft, das Schulsystem, offen wären für so unterschiedliche Konzepte und “Ziele”?

Meine eigene Erfahrung als Lehrerin

Ich liebe meinen Beruf von ganzem Herzen. Doch immer wieder finde ich mich in Dilemma-Situationen wieder. Z.B., wenn ich Schülerinnen gerne sagen würde (und auch sage): “Komm, ist doch total egal. Es gibt Wichtigeres im Leben. Leg den Fokus ruhig auf die anderen Dinge, die für dich jetzt gerade wichtig sind. Nimm dir Zeit.” – Gleichzeitig aber auch selbst immer wieder das Gegenteil einfordere, weil mein Unterricht immer noch zu weiten Teilen so strukturiert ist, dass “wir” sonst nicht weiterkommen, dass einzelne dann den Faden verlieren etc. Das fühlt sich dann schon ziemlich nach Doppelmoral an.

Auch, wenn wir uns Soziales Lernen, sanftes Ankommen am Gymnasium, Klassengemeinschaft etc. auf die Fahne schreiben, und dann doch schnell wieder der Zeit- und Bildungsplan-Druck Einzug hält und wir stolz darauf sind, welchen Abi-Schnitt unsere Schülerschaft erreicht hat im Vergleich zum Landes-Durchschnitt.

Bei alledem ist mir einfach nicht so ganz wohl im Bauch…

“Der Mensch wird von seiner Zukunft her bestimmt.” (Joseph Beuys)

…Darum habe ich mich entschlossen, da mal genauer hinzuschauen und für mich zu sondieren, was mein Weg sein kann. Was meine Überzeugungen überhaupt sind. Welche Kröten muss ich schlucken? Welche Kröten sind vielleicht gar keine Kröten, sondern können sich, anders betrachtet oder angegangen, vielleicht sogar als Prinzen entpuppen? Und wo will ich andere Wege gehen und muss dann eventuell auch Strukturen finden, in denen ich diesen Weg tatsächlich beschreiten kann.

Mit diesem Suchen und Fragen will ich nicht in meinem “stillen Kämmerlein” bleiben, sondern in den Austausch treten. Und mich einreihen in eine Aufbruchsstimmung, die ich im Moment wahrzunehmen glaube, was Schule und Bildung angeht, und wo nach meiner Überzeugung in der nächsten Zeit viele Weichen neu zu stellen sind, wenn wir Schule von der Zukunft her denken wollen und müssen. Hier ist es mir wichtig, meine Stimme zu finden und einzubringen – und zwar beides gleichzeitig…

…Der Blog startet also mit vielen, vielen offenen Fragen, Unsicherheit, mal vorsichtiger und mal nachdrücklicher Suche, mal eher im Innen und mal eher im Außen, nach der Zukunft von Schule und danach, was mein Beitrag dazu sein könnte. Angelehnt an Joseph Beuys gebe ich dem Vorhaben mal die Überschrift: “Die Schule wird von ihrer Zukunft her bestimmt.” Das heißt: Zukunft macht Schule.

Machen wir uns gemeinsam auf die Suche! – Ich freue mich über jeden Austausch, den dieser Blog anregt.

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